Kindertagespflege als Chance in der Tagesbetreuung

Der Ausbau der Kinderbetreuung ist eines der wichtigsten Ziele der Bundesregierung. Neben Investitionsprogrammen für neue Betreuungsplätze steht auch die Sicherung und Qualitätsentwicklung in der Kindertagespflege im Fokus.

Die Kindertagespflege – ein Angebot der Jugendhilfe, gesetzlich anerkannte Betreuungsform und gleichrangiges Angebot zu Kindertageseinrichtungen – soll nicht nur helfen, die klaffende Lücke zwischen Angebot und Nachfrage bei der Kinderbetreuung zu schließen, sondern hat sich zu einer starken zweiten Säule der Kindertagesbetreuung gemausert.

Die Zahlen: Die Anzahl von Tagesmüttern und -vätern stieg lt. Fünftem Bericht zur Evaluation des Kinderförderungsgesetztes des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2015) zwischen 2008 und 2014 von etwa 36.400 auf 44.900 ebenso kontinuierlich wie die Tagesmütter, von denen 2008 47 % Prozent und 2014 bereits 75 % nach dem fachlich geforderten Mindeststandard qualifiziert waren.

Kindertagespflege – was ist das überhaupt?

Kindertagespflege umfasst die regelmäßige Betreuung von Kindern inner- oder außerhalb ihres Wohnsitzes und kommt für 0- bis 14-Jährige, also auch noch für Schulkinder in Frage.

Hauptzielgruppe sind allerdings Kinder unter drei Jahren, für deren Sicherheit und Stabilität eine feste Bezugsperson einige Vorteile bietet. So macht die Kindertagespflege nicht nur Familienanschluss möglich, sondern in Anpassung an den familiären Alltag der Erziehungsberechtigten auch flexible Betreuungszeiten, eine individuelle Betreuung in Kleingruppen sowie eine vertraute Atmosphäre. Gerade diese Aspekte schätzen Eltern, wenn sie um die Balance zwischen Familie und Beruf und gegen ihr schlechtes Gewissen, Rabeneltern zu sein, kämpfen.

So sind mehrere Betreuungsvarianten möglich:

  • Kindertagespflege im Haushalt der Eltern („Kinderfrau“),
  • Kindertagespflege im Haushalt der Tagesmutter und
  • Kindertagespflege in anderen geeigneten Räumen.

Ziel der Kindertagespflege ist – übrigens wie in der gesamten Kindertagesbetreuung auch – die (frühkindliche) Bildung, Erziehung und Betreuung des Kindes unter Berücksichtigung seiner aktuellen Lebenssituation und ethnischen Herkunft.

Tagesmutter werden und Berufswunsch verwirklichen

Eine Tätigkeit in der Kindertagespflege erfordert keine spezielle berufliche Ausbildung, setzt aber eine Pflegeerlaubnis sowie eine Eignungsfeststellung des Jugendamtes voraus. Was heißt das in der Praxis?

Wer vorbehaltlich des Landesrechts Kinder

  • außerhalb der elterlichen WohnungSP_logo16_Beachte_Pin
  • bis zu fünf fremde Kinder
  • in mehr als 15 Wochenstunden
  • insgesamt länger als drei Monate
  • gegen Entgelt

betreuen möchte, braucht dafür eine Pflegeerlaubnis, die beim zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe beantragt werden muss. Heißt aber auch: Jugendliche, die hin und wieder Baby sitten, betrifft dies nicht und können ihr Taschengeld auch weiterhin auf diese Weise aufbessern.

Das Jugendamt gewährt die auf fünf Jahre befristete Erlaubnis allerdings nur, wenn der Antragsteller in Einzelgesprächen und bei Hausbesuchen überzeugen, vertiefte Kenntnisse in der Kindertagespflege nachweisen sowie ein einwandfreies erweitertes polizeiliches Führungszeugnis und einen Gesundheitsnachweis vorlegen kann.

Für eine kindertagespflegerische Tätigkeit sind Frauen und Männer aus einschlägigen sozialen Berufen wie Erzieher, Kinderpfleger, Sozialassistenten und Kinderbetreuer, Berufseinsteiger mit pädagogischer Ausbildung sowie Personen mit besonderem Interesse für die Kinderbetreuung ambitioniert, bietet aber auch für Berufsrückkehrer oder Quereinsteiger Chancen der beruflichen Verwirklichung.

Allerdings sollte jeder vor der Entscheidung, Tagesmutter zu werden, genau in sich hinein hören. Nicht jeder ist dafür geschaffen, fremde Kleinkinder über mehrere Stunden allein zu betreuen und parallel mit der nötigen Abgeklärtheit einen geregelten Tagesablauf zu organisieren! Also Augen auf bei der Berufswahl!

Voraussetzungen für eine Tätigkeit in der Kindertagespflege

Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass jeder als Tagesmutter tätig sein kann, denn die Interessenten haben spezifische Voraussetzungen nachzuweisen und einige Bedingungen zu erfüllen, bevor es los gehen kann.

Die eigene Gesundheit zählt ebenso zu den Grundvoraussetzungen wie eine geeignete Einstellung zur Kinderbetreuung, eine hohe physische und psychische Belastbarkeit, Zuverlässigkeit, Verantwortungsgefühl, Organisationvermögen, Kooperationswillen und Ausgeglichenheit. Zudem sollten sich Tagesmütter aktiv mit Fachthemen auseinandersetzen und mit Fachberatern, Kollegen bzw. anderen Fachprofessionen zusammenarbeiten (wollen).

Aus fachlicher Sicht bietet sicher die Betreuung eigener Kinder bereits einen Vorgeschmack auf die Tagespflegetätigkeit. Dennoch ist für die Aufnahme von Tageskindern eine in der Regel mindestens 160-stündige Qualifizierung (sog. DJI-Curriculum) zu absolvieren, deren Abschluss (Zertifikat) Basis für die Pflegeerlaubnis ist. Themen der Tagesmutter Qualifizierung sind etwa

  • Berufsbild Tagesmutter
  • Eingewöhnungsphase
  • Erziehungspartnerschaft mit Eltern
  • Bildungsauftrag
  • Pädagogische Angebote im häuslichen Umfeld
  • Rechtliche und finanzielle Grundlagen der Kindertagespflege
  • Vernetzung und Kooperation

Bei Interessenten mit pädagogischer Vorqualifizierung reicht ggf. eine verkürzte Qualifizierung. Zudem ist ein Erste-Hilfe-Kurs bei Säuglingen und Kleinkindern Pflicht.

Neben den persönlichen und fachlichen Anforderungen an eine Tagesmutter spielen in der Kindertagesbetreuung zudem das Vorhandensein aktivierender bzw. kreativer Räume und Ausstattungen eine zentrale Rolle. Eine kinderfreundlich eingerichtete Wohnung oder Haus, geeignete Spiel- und Ruheplätze, altersentsprechende Beschäftigungsmaterialien und Naturnähe sind ebenso wichtig wie eine hygienische Essenszubereitung, sanitäre Anlagen und Unfallverhütung.

Die Tätigkeit als Tagesmutter kann im Angestelltenverhältnis oder im Rahmen einer beruflichen Selbstständigkeit ausgeübt werden.

Damoklesschwert Jugendamt?

In der Kindertagespflege entscheiden die Jugendämter nicht nur über die formale Erteilung der Pflegeerlaubnis, sondern tragen mit ihrer Einschätzung auch Verantwortung für eine fach- und sachgerechte Tagesbetreuung durch die Tagesmütter. Das beinhaltet auch Vor-Ort-Prüfungen der räumlichen Gegebenheiten sowie Beratung und Verbesserungsvorschläge (z. B. Anschaffungen von Materialien, Umbauten, Anmietung weiterer Räume) ein.
Nebeneffekt: Wenn Eltern mit der Tagesbetreuung ihrer Kinder zufrieden sind, ist das die beste Werbung in eigener Sache!

Umgekehrt berät das Jugendamt auch Eltern, wenn es um die Vermittlung von Tagesmüttern geht. Das Jugendamt kennt meist die regional tätigen (angestellten und freiberuflichen) Tagesmütter, die örtlichen Gegebenheiten oder deren Betreuungszeiten, aber auch die Finanzierung der Kindertagespflege (z. B. Verpflegung, Betriebskosten, Spielzeug, sonstige Erziehungsaufwendungen, Versicherungen) und die Ausgestaltung von Betreuungsverträgen.

Das Jugendamt agiert also auch bei der Kindertagespflege als Partner und nicht als Gegner bzw. Verhinderer!

Weiterbildungen für Tagesmütter

Neben der Grundqualifikation haben Tagesmütter bundeslandabhängig eine jährlich festgelegte Mindestanzahl an Fortbildungsstunden nachzuweisen, um aktuelle Themen weiter zu vertiefen.

Einige Bundesländer (z. B. Hamburg) bieten für Tagesmütter auch Aufstiegsqualifizierungen an, die zwar nicht zu einem Ausbildungsberuf, aber ggf. zu einem höheren Gehalt führen (können).

Tagesmütter, Fachberater und interessierte Eltern finden Anregungen, Fachinformationen, Literatur sowie Beratungs- und Weiterbildungsangebote z. B. beim Bundesverband für Kindertagespflege Berlin oder bei ihrem zuständigen Jugendamt.

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